Das Kunstmuseum No Hero - Erweitere deinen Horizont!

| Anna

In den Niederlanden hat vor kurzem ein neues Kunstmuseum eröffnet, dass sich zum Ziel gesetzt hat, den Horizont seiner Besucher zu erweitern. Klingt nach einer großen Aufgabe, aber es behauptet, Kunst sei einfach und für jeden Menschen gemacht. Perfekt für mich, dachte ich mir. Als jemand, der zwar stets fasziniert durch Kunstmuseen läuft, aber bis auf Überbleibsel aus dem Kunstunterricht nicht viel Fachwissen vorzuweisen hat, fühle ich mich immer auch ein bisschen verloren in Kunstausstellungen. Umso mehr war ich gespannt, wie das Museum sein Ziel umzusetzen versucht.

Keine halbe Stunde fährt man mit dem Auto von der Grenze aus Richtung Delden, wo das Museum No Hero im April 2018 eröffnet hat. Auch wenn ich von einem Stadtfest überrascht werde, ist es gut zu erreichen. Das Gebäude liegt als ehemaliger Verwaltungssitz von Schloss Twickel nicht mitten im Ortskern, was mir jetzt zugutekommt. Eine Eintrittskarte ist schnell gekauft und ehe ich mich versehe, stehe ich schon mitten in der ersten Ausstellung.

„Ich bin ein Berliner!“

Inspiriert von John F. Kennedys geschichtsträchtigem Satz werden hier vor allem Werke der sogenannten Neuen Wilden gezeigt. Diese Gruppe von Künstlern fand sich in den 1980er Jahren in einer Galerie am Moritzplatz in Berlin-Kreuzberg zusammen und zeichnete sich besonders durch ihren expressiven Farbgebrauch aus. Betrachtet man Malereien wie Der Kuss IV von Rainer Fettig wird deutlich, wie die politische, gesellschaftliche und soziale Atmosphäre im Berlin der 80er die Künstler inspirierte. Sie sprechen bewusst Tabuthemen und Missstände in der Gesellschaft an.

Aber nicht nur Malereien sind Teil dieser Ausstellung. Hans Scheibs Skulptur Drum Boy steht sinnbildlich für die Hauptfigur aus Günter Grass‘ Roman Die Blechtrommel. Darin geht es um einen Jungen, der beschließt, nicht erwachsen zu werden.

Fast hätte ich den dritten Ausstellungsraum übersehen, der ein wenig versteckt links um die Ecke liegt. Dort springt mir besonders ein Gemälde direkt ins Auge: Das Motiv von Max Neumann erinnert mich sofort an die Figur Lord Voldemort aus J.K. Rowlings Harry-Potter-Romanen. Ob nun Absicht oder Zufall, aber tatsächlich trifft die Überlegung Neumanns, mit diesem Werk die Inkarnation eines Menschen ohne eigene Identität darzustellen, in gewisser Weise auch auf Voldemort zu.

Von Hogwarts nach China

Im ersten Stock finden sich zunächst drei kleinere Ausstellungen zur Kunst in Flandern, Italien und China. Da die chinesische Kunstszene keinen Verfall kennt, stellt sie einen starken Kontrast zur westlichen Kunst dar. Hier wurde über Jahrhunderte hinweg kontinuierlich an Porzellan und Keramiken gearbeitet, ja regelrecht Massenware produziert. Erst in den letzten Jahrzehnten hat sich eine neue Generation herausgebildet, die die Kunst auch zur Gesellschaftskritik nutzt. Das Gemälde No. 3 von Yang Shaobin prangert zum Beispiel die Unzuverlässigkeit von Politikern an.

Ab ins Freie!

Wie der Name schon sagt, dreht sich in der Ausstellung Outside alles um die Malerei draußen. Diese wurde durch die Erfindung von schnelltrocknender Farbe erheblich erleichtert. Hier finden sich typisch niederländische Motive wie Kuhwiesen, Windmühlen oder Häfen.

Jetzt wird’s bunt!

Getreu dem Motto Living Colours soll mir als Besucher im letzten Ausstellungssaal die Rolle und Wirkung von Farben nähergebracht werden. Und tatsächlich: Als mich ein Museumsmitarbeiter fragt, welche Farbe mir auf dem Gemälde WLID von Frank Stella zuerst ins Auge fällt, antworte ich aus voller Überzeugung: „Rot!“. Doch je länger ich auf das Bild starre, desto mehr zweifle ich an meiner Wahrnehmung. Der freundliche Mitarbeiter schmunzelt nur und meint: „Da sehen Sie mal, was Farbe so alles kann!“

Mission erfüllt

Insgesamt hat das Museum No Hero bei mir erreicht, was es wollte: Meinen Horizont habe ich mit diesem Besuch nicht nur durch einen erneuten Sprung über die deutsch-niederländische Grenze erweitert. Von Europa nach Asien, von der Gegenwart in die Renaissance, Gemälde oder Skulpturen, grelle abstrakte Malerei oder düstere Landschaften – mit einer Menge Eindrücke im Gepäck lasse ich den Besuch im Garten des Museumscafés ausklingen.

„Hier gibt’s noch mehr zu erleben“